Sense – Ein Orangener Ausflug in den schwarzen Wald

10. Mai 2024: Die Morgensonne blinzelt über die Dächer von Stuttgart, während ich die KTM 950 Superenduro SE, von mir liebevoll Sense genannt, in der Garage starte. Der raue Klang des LC8 erfüllt die Luft – eine akustische Einladung zu einem Tag voller Entdeckungen. Heute rollt die Maschine auf Straßenreifen, ein eher untypisches Setup für eine Superenduro. Aber das Orange der KTM scheint in der Frühlingssonne fast zu leuchten, und die Reifen? Die werden kein Hindernis sein.

Ich nehme die Autobahn, nur um schnell Richtung Schwarzwald zu kommen. 98PS schieben mich südwärts. Schon bald verlasse ich die schnurgeraden Spuren aus Beton und biege ab – hinein ins Labyrinth der Schwarzwaldstraßen, wo der Wald die Oberhand hat und die Wege sich windend ihren Platz suchen.

Die KTM lebt auf, auch auf Asphalt, ihre Dynamik bringt mich zum Grinsen. Doch bald locken die Schotterwege. Vorsichtig prüfe ich den Untergrund – die Straßenreifen mögen nicht optimal sein, aber mit ein wenig Feingefühl am Gashebel und dem vollen Vertrauen in die Maschine geht es. Der Untergrund ist wechselhaft: grober oder feiner Schotter, alles kein Problem für das WP Fahrwerk, das in diesem Spielzeug steckt.

Der Schwarzwald zeigt sich von seiner besten Seite. Über mir das dichte Blätterdach, das die Sonnenstrahlen filtert, und um mich herum der Duft von feuchter Erde und Kiefernnadeln. Die KTM schüttelt mühelos den Staub des Forstwegs ab, und ich lasse mich einfach treiben, ohne festen Plan. Es gibt keine perfekte Linie hier, nur die Verbindung zwischen mir und dem Motorrad.

Pause

In einer Lichtung mit Aussicht mache ich Halt. Ich schalte den Motor aus, und plötzlich ist es still. Nur das leise Knacken der abkühlenden Maschine und das Singen der Vögel. Ich lehne mich zurück und lasse den Blick auf die KTM und den Moment auf mich wirken. Es sind Tage wie dieser, die den Alltag vergessen machen.

Grade mal einige Monate nach diesem Tag wird KTM Insolvenz anmelden. Da ist jetzt also auch Sense. Die Nachricht hat mich kalt erwischt, so wie viele andere Fans und Fahrer dieser Marke. Die KTM 950 Superenduro ist längst Kult, doch ihre Ära endete lange vor dieser Pleite.

Trotzdem – dieses Motorrad bleibt bei mir. Es ist mehr als nur eine Maschine. Es wird nicht verkauft, nicht ausgetauscht. Ich werde sie weiterfahren, weiter pflegen, bis sie irgendwann nicht mehr kann.

Der Schwarzwald liegt noch vor mir, und der Tag ist jung. Mit einem letzten Blick auf die unbefestigte Strecke schalte ich die KTM wieder ein. Der Motor brummt, bereit für den nächsten Abschnitt. Es geht weiter – so wie immer. Ob es für KTM auch weitergeht?

Veröffentlicht von MoTranshumance

Born to Ride - Forced to Work

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