Ich glaub, ich bin im Wald – Routes Forestières der Vogesen

Von den 30.000 km Waldstraßen, die in Frankreich vom Nationalen Forstamt verwaltet werden, sind 75 % für den Verkehr gesperrt. Mit anderen Worten: 25% der Waldstraßen in Frankreich sind NICHT für den Verkehr gesperrt. Viele der Waldstraßen sind asphaltiert, die allermeisten sind wohl schmal und kurvenreich, und bei manchen Wegen ist man bislang noch nicht dazu gekommen, diese zu asphaltieren. Wieviele Kilometer davon sich in den Vogesen befinden, weiß ich nicht. Aber am Besten ist es, ich überprüfe es mal vor Ort. Und jetzt ist die beste Zeit dafür.

Samstag 18. Oktober
Ich bin die ganze Woche schon früh aufgestanden, also fällt mir auch heute das Aufstehen leicht. Noch vor dem Sonnenaufgang steige ich auf mein frisch aus dem Service entlassenes Motorrad und verlasse zügig den Stuttgarter Kessel. Auf der Autobahn nach Westen, bis die Rheinebene bei Karlsruhe in Wurfweite kommt. Jetzt über den Rhein und noch ein paar Kilometer, dann rolle ich im trüben Licht der Morgensonne bei Weissenburg über die Grenze nach Frankreich hinüber. Die Maisfelder sind trocken und gelb wie ein alter Briefkasten, im Hintergrund welken die Blätter der Weinstöcke vor sich hin. Bei Sonnenschein sieht das sehr hübsch aus. Aber um diese Uhr- und Jahreszeit hat die Sonne noch nicht und nicht mehr so viel Strahlkraft.

Erst später gewinnen die Sonnenstrahlen mehr Schwung, genauso wie ich, als ich durch die schmalen Waldwege kurve.

Über Wingen sur Moder und La Petite-Pierre rolle ich durch den Parc naturel régional des Vosges du Nord. Die Sonne scheint schräg durch die Bäume. Es blitzt mir in die Augen wie ein Stroboskop beim Tanzen in der Walddisco. Das hebt die Stimmung, aber Vorsicht! Es liegt schon überall Herbstlaub herum, und da muss man aufpassen, wo man lang fährt. Also Augen auf und durch!

Ich statte der Plan incliné de Saint-Louis/Arzviller, dem berühmten Schiffshebewerk am Kanal, der Rhein und Marne verbindet, einen kurzen Besuch ab. Eines Tages komme ich zurück und befahre den Kanal mit dem Boot. Auf die Fahrt mit dem Boot durch den Tunnel freue ich mich jetzt schon.

Schon gegen 15 Uhr komme ich in Saint-Dié-des-Vosges an. Hier will ich heute übernachten. Doch ich drehe vorher noch eine Runde über Gerardmer. Hier sitze ich mit einem Kaltgetränk und süßem Gebäck in der Sonne und genieße es, dass ich einfach in Ruhe hier in der Sonne sitzen darf.

Am Gerdsee

Nun noch eine ausführliche Runde durch den Wald, bevor es dunkel wird, dann ab ins Hotel. Gute Nacht!

Sonntag, 19. Oktober
Ausschlafen. Frühstücken. Losfahren. Das Leben kann so einfach sein.

Immer der krummen Nase nach erkunde ich die Abwege, die hier rechts und links von den größeren Straßen abgehen. Manchmal muss man einfach in einen hügeligen Waldabschnitt hinein fahren und dann darauf hoffen, dass das Navi weiß, wie man wieder hinaus kommt. Es klappt. Ich finde wunderbare Abkürzungen durch den Wald. Und ich finde heraus, dass ich auch wieder heraus finde.

RF De Bellevue

Einige Wege sind so steil, dass sie Eingang in meine Sammlung steiler Straßen finden würden, wenn sich doch nur jemand bequemt hätte, ein entsprechendes Schild aufzustellen. Aber die einzigen Schilder, die mir ins Auge fallen sind die, auf denen die Namen der Routes Forestières geschrieben stehen. RF steht in meinen Augen nicht für Republique Française, sondern für – ja, schon klar. RF De La Kundschaft. RF De Saint Pierre. RF de La Vernière. RF De Bellevue (stimmt). RF De Purifaing. RF Du Savoyen. RF De Morbieux. RF Du Boenlesgrab. So geht es den ganzen Tag.

Am Nachmittag muss ich dann doch noch auf die bekannte touristische Attraktion namens Route des Crêtes zurück greifen. Nicht mehr lange, dann sind hier wieder die Skiläufer unterwegs. Doch heute gehört die Straße mir. Zumindest bis der Sprit droht, zur Neige zu gehen. In Plainfang tanke ich an einer Tankstelle mit den ältesten modernen Zapfsäulen, die ich je gesehen habe. Die Zapfsäule versucht mit mir zu sprechen, doch sie quäkt nur unverständlich blechern einen Abendgruß aus ihrem Lautsprecher. Gut, dass ich lesen kann und auf die akustischen Signale des Geräts nicht angewiesen bin. Wichtig ist hier nur, dass das gute 98er Benzin im Tank landet, damit ich nach Hause komme, bevor die Nacht hereinbricht.

Nun noch flott über den Rhein durch den Schwarzwald nach Hause, auf Autobahn habe ich keine Lust. Pünktlich zum Einbruch der Dunkelheit fahre ich das Rolltor der heimischen Garage wieder hoch. 970 kurvenreiche Kilometer in zwei Tagen, das war ne schöne Tour. Ein Rest von Sommer, aber doch herbstlich golden und ein guter Grund, sich im bevor stehenden Winter nochmal ein paar Eindrücke von der Tour anzusehen.

Da ging es lang:

Veröffentlicht von MoTranshumance

Born to Ride - Forced to Work

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