Freie Bahn mit Marzipan – Stuttgart – Lübeck und zurück

Jeder, der in Deutschland vor der Einführung des Euro gelebt hat, und der schon mal einen 50 DM Schein in der Hand hatte, kennt es: Das Holstentor in Lübeck. 1478 erbaut ist es heute das Wahrzeichen meiner zweiten Heimat, in der ich derzeit nicht wohne. Auch ein lübscher Marzipanhersteller hat es in sein Firmenwappen übernommen. Ab und zu muss ich einfach hinfahren und es ansehen.

Es ist Mittwoch morgens, ich habe einige Tage Zeit und werde auf den schönen deutschen Landstraßen meinen Weg nach Lübeck machen. Am Sonntag will ich wieder in Stuttgart sein. Erstmal tanken und Visier putzen, dann auf die Schnellstraße Richtung Norden. Schon in Mittelsteinbach findet sich die erste steile Auffahrt auf der Route: Eine Steigung von 20% durch den Wald ist zu absolvieren. Doch es wird nicht die steilste Straße meiner Ausfahrt werden….

Am Schloss Waldenburg mache ich einen ungewöhnlich kurzen Stopp. Normalerweise halte ich mich hier immer länger auf, aber heute muss es schnell gehen, denn der Burgherr hat zu tun und ich habe noch einige hundert Kilometer Wegstrecke vor mir. Der nächste Stopp ist die 1000 jährige Linde in Hollenbach. Die ist nicht so spektakulär, aber da ich schon mal hier bin mache ich dennoch ein Foto.

Bei Creglingen überquere ich die Tauber, komme durch Bad Windsheim und bei Eltmann quere ich den Main. Bei Königsberg in Bayern geniesse ich die Aussicht von der gleichnamigen Burg. Hier wendet sich die Fahrtrichtung nach Nordwesten. In der Rhön findet sich das nächste Ziel: Der Ellenbogen in der Thüringer Rhön. Hier auf dem höchsten Berg der Thüringer Rhön befindet sich der Aussichtspunkt „Noah’s Segel“. Von der Plattform hat man ein phantastische Aussicht auf die Rhönberge. Wer mag, kann die Rutsche wieder nach unten nehmen.

Ich steuere nun wieder ostwärts auf den Rennsteig im Thüringer Wald zu. Über Meiningen, Zella-Mehlis und Oberhof komme ich nach Ohrdruf, wo ich übernachte. Der nächste Morgen führt über Gotha Richtung Bad Frankenhausen am Kyffhäuser. Der Kyffäuser ist ein kleines Mittelgebirge südlich des Harzes. Hier gibt es zwei schöne Motorradstrecken: Die Südflanke des Kyffhäuser ist eher seicht, während die Nordflanke eher steil abfällt und somit eine interessante Serpentinenstrecke für die Erschließung nötig machte. Da eine solch kurvige und bergige Streckenführung hier eher Seltenheitswert hat, kommen offenbar viele Norddeutsche Gradeausfahrer zum Üben hierher.

Oberhalb von Bad Frankenhausen befindet sich ein Gebäude, dass aus der Ferne wie ein überdimenionierter Elefantenschuh aussieht: Das Panoramamuseum, in dem das 14m hohe und 123m umfassende Monumentalgemälde „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ von Werner Tübk ausgestellt wird. Die Hautattraktion ist aber das 81 m hohe Kyffhäuser-Denkmal, das als Fixpunkt auf des Berges Spitze thront. Der Sage nachempfunden, schläft dort der in Stein gehauene Barbarossa. Über ihm reitet Kaiser Wilhelm I., zu dessen Ehren das Denkmal von 1890 bis 1896 erbaut wurde. 247 Stufen führen ganz bis nach oben. Bei 8,50 Eintritt koste ich natürlich jede Stufe aus, ist ja schließlich bezahlt. Von oben habe ich grandiosen Rundblick über die Goldenen Aue bis zum Brocken im Harz.

Ich vertilge noch eine original Thüringer Bratwurst am Bikertreff, der sich am Fuße des Denkmals befindet, und steuere den Harz an. Ich komme durch Harztor, Hohe Geiss und Sankt Andreasberg, dann geht es am Oderteich und der Okertalsperre vorbei nach Goslar und von hier geht es weiter Richtung Norden durch die Lüneburger Heide.

Lüneburger Heide

Bei Geesthacht überquere ich die Elbe und erreiche auf hübschen Nebenstraßen und entlang dem Elbe-Lübeck-Kanal die Königin der Hanse.

Holstentor Lübeck

Am Samstag stehe ich früh auf und bewege mich südwärts. Ich verlasse Lübeck Richtung Osten und orientiere mich an den schönen Seen, die es hier gibt: Dem Ratzeburger See und dem Schaalsse, der mit 72m der tiefste Klarwassersee Norddeutschlands ist. Immer wieder überquere ich die Grenze, die während der deutschen Teilung die Menschen in Ost und West getrennt hat.

Bei Darchau überquere ich die Elbe auf dem Wasser, und entlang des Flusses komme ich nach Hitzacker. Der Ort punktet mit kleinen Gassen und farbenfrohen Fachwerkhäusern. Mitten in Hitzacker erhebt sich der schon von weitem sichtbare Weinberg, der zu den nördlichsten Weinbergen Deutschlands gehört.

Durch das Wendland geht es weiter durch die Hansestädte Salzwedel und Gardelegen. Ja, nicht nur Hamburg, Bremen und Lübeck führen den Titel „Hansestadt“ im Namen. Insgesamt 18 Hansestädte gibt es heute noch. Sie alle gehörten im Mittelalter der Hanse an, einem internationalen von Kaufleuten organisierten Städte- und Handelsbund, in dem ab Mitte des 13. Jahrhunderts bis zu 70 große und etwas 130 kleinere Städte zusammengeschlossen waren.

Über weites Land steuere ich wieder auf den Harz zu. Es ist Wochenende und die Sonne scheint. Alle, die in Norddeutschland ein Motorrad besitzen müssen offenbar heute hier unterwegs sein. Der eigentlich schöne Weg über Rübeland, Oberharz am Brocken, Drei Annen Hohne, Elend und Tanne ist ziemlich verstopft. In Hasselfelde genehmige ich mir einen Eiskaffee mit nach ostdeutscher Tradition hergestelltem Softeis.

Weites Land

Wieder über den Kyffhäuser und dann über Sömmerda geht es Richtung Weimar. Die Stadt ist vor allem für ihr kulturelles Erbe bekannt. Goethe und Schiller waren hier recht umtriebig, heute sind beide in Weimar in der Fürstengruft auf dem neuen Weimarer Friedhof beigesetzt.

Kloster Paulinzella

In Deesbach befahre ich die Oberweißbacher Straße. Hierbei handelt es sich um die mit 25,3% Steigung offiziell steilste Straße Deutschlands. Außerdem statte ich dem Fröbelturm einen kurzen Besuch ab. Der Eintritt hier ist vergleichsweise günstig: Für nur einen Euro kann man die Stufen hochsteigen und die Aussicht von oben genießen.

Die steilste Straße Deutschlands

Den weiteren Heimweg gestalte ich einigermaßen direkt. Über Coburg und dann über den Main komme ich am Sonntag Abend in Stuttgart an. Zum Abendessen gibt es heute Marzipan.

Da ich regelmäßig zwischen Stuttgart und Lübeck unterwegs bin, habe ich eine Karte verschiedener Streckenoptionen hier hinterlegt:

Veröffentlicht von golem1303

Born to Ride - Forced to Work

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