Eigentlich hatte ich diese Runde schon für letztes Jahr zusammengestellt. Aber bei 40 Grad im Schatten letztes Jahr im August wollte ich dann doch lieber in die kühleren Berge fahren. Habe ich ja dann auch gemacht. Doch jetzt im Frühjahr ist die richtige Zeit für diese abenteuerliche Irrfahrt gekommen, auf der mich italienische Eleganz, griechische Wunder, balkanischer Zauber und eine Menge Abenteuer erwarten:

Samstag, 18. Mai
Mit frischem BMW Service und neuen Reifen rolle ich Richtung Süden. Der Abschied fiel schwer, doch Italien erwartet mich schon. Die Alpen stehen im Weg, über die muss ich erst noch drüber. Ich nehme den schnellsten Weg, denn die Fähre von Ancona nach Igoumetsina ist für Dienstag, den 21. Mai gebucht. Um 13:30 Uhr legt die „Hellenic Spirit“ ab, mit oder ohne mich. Also bin ich besser pünktlich.
Besonders gut komme ich allerdings nicht voran. Die bevorstehenden Pfingstferien haben offenbar noch andere Leute auf die Idee gebracht, sich Richtung Süden zu bewegen. Am Fernpass ist ein Auto liegen geblieben, kilometerlanger Stau ist die Folge. Für Motorradfahrer hat man aber extra eine weiße Linie auf der Fahrbahn aufgebracht, auf der man fahren soll. So kann ich bis nach vorne an die Vollsperrung vorfahren. Und als die Straße wieder freigegeben wird, fahre ich dem Stau davon. Nun noch ein Stück Autobahn und bei Innsbruck auf die Landstraße über den Brenner. Um 18:00 Uhr checke ich in Kastelruth in einem sehr gemütlichen Gasthof ein. Hier gibt es endlich auch etwas zu essen. Mahlzeit!

Sonntag, 19. Mai
Nach dem guten Abendessen gestern reicht mir zum Frühstück heute ein Cappuccino. Außerdem bin ich früh wach und mag noch nichts essen. Schon um 7:30 rolle ich weiter Richtung Süden. Erst schmal und kurvig, dann auf der vollen Autobahn. Bei Modena biege ich von der Autobahn ab und besorge mir neue Batterien für den Spot. Der blinkt inzwischen rot, um mich auf die zur Neige gehenden Batterien aufmerksam zu machen. Über die Batterielaufzeit des Gerätes muss man sich wirklich nicht beschweren: es sind noch die ersten Batterien aus 2019.
Ich sehe mich in Modena noch ein bisschen um, doch die eine Hälfte der Stadt ist Baustelle, die andere Hälfte ist Fußgängerzone. Also fahre ich weiter nach Maranello, der Heimat von Ferrari, um viele Leute in roten T-Shirts und wenige Leute in roten Sportwagen zu sehen.

Zum Mittagessen gibt es einen Teller deutsche Spezialitäten im Schatten, und endlich wieder ein paar Hügel.
Hier macht das Fahren wieder Spaß. Kein Wunder, dass hier das Herz der italienischen Auto- und Motorradrennfans schlägt. Manche Motoristi verwechseln allerdings die normalen Straßen mit einer Rennstrecke. Der Passo Della Taticosa und der Passo Del Giogio sind veritable „Bikertreffs“, an denen ich zügig vorbeifahre. An Valentino Rossis Wirkungsstätte verweile ich aber ein paar Minuten.

Heute Mittag muss es hier wohl geregnet haben. Die Straßen sind nass und wegen des Blütenstaubs mit rutschigem Schaum bedeckt. Vorsichtig steuere ich meine Unterkunft in Poppi an. Jetzt ein Bier, eine Pizza und dann eine gute Nacht.

Montag, 20. Mai
In manchen Hotels in Deutschland wird man schon beim Einchecken darauf hingewiesen: „Unser Frühstück ist von sechs bis sieben Uhr dreißig“. Hier ist man entspannter: Als ich um 8:04 in den Frühstücksraum komme, bin ich der erste Gast.
Der Himmel ist wolkenverhangen, als ich losfahre. Heute werde ich mit einiger Wahrscheinlichkeit Regen abbekommen. Als ob ich Ende März nicht schon Wasser genug hatte! Doch wie durch ein Wunder regnet es fast immer nur dort, wo ich grade nicht bin. Auf diese Weise kann ich die schöne Landschaft und die wunderbare Natur genießen. Mir fällt besonders auf, wie gut es immer wieder aromatisch nach Wald und Blumen riecht.

Die italienische Adriaküste hat so ihre Eigenheiten. Flacher Sandstrand, endlose Liegestuhlreihen mit eingeklappten bunten Schirmen, Gelato, Pizza, Bars… alles ist wie erwartet. Im Gegensatz zum überfüllten Sommer ist aber hier heute nichts los. Ich nehme mir ein tortenstückförmiges Zimmer mit Balkon und Meerblick in Senigallia. Auf der gegenüberliegenden Seite der Adria ist Kroatien, da komme ich in zwei Wochen vorbei. Morgen setze ich über.

Dienstag, 21. Mai
Das nächtliche Gewitter weckt mich früh. Nicht wegen Blitz und Donner….oder zumindest nicht direkt. Allerdings schlägt der Blitz wohl in die Alarmanlage des vorgelagerten Piergebäudes ein. Die piept jedenfalls unaufhörlich. Drei Minuten piepen. Kurze Pause. Drei Minuten piepen. Kurze Pause. Drei Minuten piepen. Kurze Pause. Drei Minuten piepen. Kurze Pause….. als ich um viertel vor neun im strömenden Regen das Motorrad packe piept es immer noch.
Der Weg nach Ancona ist nicht weit. Unterwegs halte ich beim vetrauten deutschen Discounter an, um den reichsten Deutschen noch etwas reicher und mich auf der Fähre satt zu machen.
Der Check-In an der Fähre läuft ohne Probleme. Ich stehe in der ersten Reihe und beobachte die Szenen, die sich vor dem Schiff abspielen. Es gehen mindestens 8 Busladungen mit Schülern an Bord. Vielleicht Abi-Abschlussfahrt? Zu meiner Zeit musste eine Fahrt nach Heidelberg ausreichen, die Zeiten ändern sich eben. Vermutlich ist in dem Alter ist das Ziel wohl weniger wichtig als die Gesellschaft, in der man reist. Und da wir grade beim Thema Gesellschaft sind: Es sind noch geschätzt 80 andere Motorräder aufgereiht. Ich quatsche mit den Mitreisenden, dann irgendwann wird mir zu warm. Also ziehe ich die Regenüberhose aus, worauf es prompt zu regnen beginnt. Das kommt grade recht, der Capo gibt das Zeichen, der Tross setzt sich in Bewegung. Im Bauch des Schiffes ist es feucht, der Boden rutschig, doch irgendwann sind alle Fahrzeuge sicher verstaut und ich nehme den Fahrstuhl zur Rezeption im 8. Stock, um meine schon im Januar zum Vorzugspreis gebuchte Inneneinzelkabine zu beziehen. Hier muss ich nochmal schwitzend ein paar Minuten warten, dann geleitet mich ein Angestellter zu meiner Kabine. Diese ist recht geräumig und die Aussicht ist auch nicht schlecht.

Ich freue mich über das Upgrade. Eine kurze Dusche kühlt mich ab, kurze Hose an, wir legen ab. Griechenland, ich komme!
Mittwoch, 22. Mai
Allen Unkenrufen zum Trotz kommt die Fähre pünktlich in Igoumenitsa an. Die Nacht war so ruhig wie das Meer. Die Abiturienten sehen heute früh alle sehr, sehr müde aus, die haben wohl gestern Nacht in der Borddisko noch gefeiert. Die schwierigste Übung ist es jetzt, einen freien Platz im Fahrstuhl zu bekommen, um zum Autodeck zu gelangen. Das Paar vor mir lässt jede Gelegenheit verstreichen und steigt in keinen Lift ein, da nie zwei Plätze auf einmal frei sind. Ich muss sie erst bitten, wenigstens mich einsteigen zu lassen. Im Unterdeck angekommen geht es dann schnell, ist aber umständlich, da alle vorwärts in die Fähre rein gefahren sind, aber rückwärts wieder raus müssen. Das Fahrzeug wenden geht natürlich auch, wenn man es schafft.
An Land trinke ich erstmal einen Kaffee, hole ein paar Liter Wasser und dann fange ich an, mich an die schlechten griechischen Straßen zu gewöhnen. Die wollen wohl den Italienern Konkurrenz machen!?
Manche Straßen, auf denen ich unterwegs bin, sind zwar ganz normale Straßen, aber sie wirken zum Teil, als wären sie schon vor Jahren aufgegeben worden. Hier ist sehr wenig Verkehr. Das ist gut für die Schildkröten, Schlangen, wilden Hunde und Mistkäfer, die hier überwiegend auf der Fahrbahn unterwegs sind.
Mein erstes touristisches Ziel ist die Vikos-Schlucht. Mit dem Titel „Tiefste Schlucht der Welt“ hat es die Kluft im Pindos-Gebirge sogar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Dabei ist die Enge der Vikos-Schlucht, also das Verhältnis zwischen der größten Tiefe und der geringsten Breite weltweit einzigartig. Fast senkrecht fallen die Kalksteinwände rund 1000 Meter in die Tiefe. Vom Parkplatz sind es etwa 100m Fußweg zum „Vikos-Balkon“, der etwa 400m über dem Grund der Schlucht in die Welt ragt.

Nach einer gemütlichen Mittagspause steuere ich die Meteora Klöster an. Die hoch oben auf den eigentümlich geformten Konglomeratfelsen gelegenen Klosteranlagen waren früher praktisch unzugänglich. Heute sind sie zum Wohle des Tourismus ganz das Gegenteil davon: Die Klöster von Meteora zählen heute zu den bedeutendsten Ausflugszielen in Griechenland. James Bond war auch schon hier. Ich rücke in meine Unterkunft ein und lausche auf dem Balkon dem Geheule der wilden Hunde hinter dem Haus.

Donnerstag, 23. Mai
Das Abendessen fiel gestern großzügig aus. Der Upload des Videos über das Hotelnetzwerk hat ein paar Nerven gekostet. Da kann ich auch länger schlafen und aufs Frühstück verzichten. Die Zeitumstellung lässt mich sowieso grundsätzlich später dran sein.
Ich will ja nichts orakeln, aber heute will ich Delphi erreichen.
Zunächst aber beginne ich mit einer Meteora Fotosafari. Die Busladungen mit den Pauschaltouristen sind schon unterwegs, ich habe Mühe, Fotos zu machen, auf denen keine Insta-TikToker mit dem Handy im Hochformatanschlag herumstehen. Einen Vorteil gibt es aber: Man kann die jungen Leute bitten, ein Foto von einem zu machen, und wenn man den jungen Leuten erklärt, wie herum sie das Handy halten sollen, wenn sie einen fotografieren, dann kann das Bild schon gelingen.

Von Meteora geht es südwärts. Die Gegend rund um Karditsa nennt sich thessalische Ebene, mit anderen Worten ist es topfeben und hier findet sich die gradeste lange Straße Griechenlands. Auf dieser fahre ich, bis ich rechts in die Berge abbiege, die hier etwas schwarzwaldhaftes, fast schon vogesisches haben. Dunkle Tannenwälder, schmale verschlungene Wege, teils wird es bis zu 1300m hoch. Weiter südlich sehen die Hügel und Berge dann wieder wie emporgehobener Meeresboden aus. Hin und wieder sehe ich das Meer in der Ferne, erst den Golf von Malia, dann den Golf von Korinth. Als ich das am Fuße des 2455m hohen Parnas Gebirges gelegene Delphi erreiche stelle ich fest, dass das archäologische Museum erst morgen wieder öffnet. Für Sehenswürdigkeiten bin ich zu spät, fürs Hotel aber zu früh. Morgen und übermorgen stehen noch einige antike Ruinen auf dem Programm. Daher genieße ich den herrlichen Rundumblick auf die Olivenhaine und die unterhalb des Ortes gelegene antike Tempelanlage, die in etwa so alt wie der Parnassos hoch ist. Und ich beschließe kurzerhand, ein Stück weiter ans Wasser zu fahren. Gute Idee.

Freitag, 24. Mai
Dort, wo ich das Moped gestern in den Schatten gestellt hatte, ist heute früh pralle Sonne. Gut, dass die Straße wieder hoch in die Berge führt. Ich hatte mir die Gegend nicht so gebirgig vorgestellt. Ich komme durch nicht enden wollende Olivenhaine und auch durch Wälder, die offensichtlich vor nicht allzu langer Zeit Opfer von Waldbränden geworden sind.
Die Straße hält auch einige atemberaubende Aussichten auf die Fjorde des Golfs von Korinth bereit. Ich fahre runter zum Strand und genieße einen eiskalten Frape bei einer ausgedehnten Mittagspause.

Immer schön am Wasser entlang fahre ich nach Korinth. Dort befindet sich ein weiterer Touristenmagnet: Der Kanal von Korinth. Hätte es den Kanal schon in der Antike gegeben, er wäre sicher eines der 7 Weltwunder gewesen. Damals war aber das Dynamit noch nicht erfunden worden, daher konnte der Kanal nicht gebaut werden und die Schiffe mussten entweder 325 km gefährlichen Umweg in Kauf nehmen oder wurden per Schiffskarren über die schmalste Stelle zwischen dem Saronischen und dem Korinthischen Golf gezogen.

Über den Kanal gibt es nur wenige Überbrückungen. Hiervon sind aktuell zwei gesperrt. Eine der offenen Brücken bietet den wohl beeindruckendsten Blick in die Tiefe. Auf ihrer Unterseite können besonders Wagemutige einen Bungeesprung machen. Eine andere Brücke befindet sich am nördlichen Ausgang des Kanals. Diese Brücke wird einfach ins Wasser bis auf den Grund abgesenkt, um die Schiffe durchzulassen.
Gestern habe in Delphi die Besichtigung antiker Ruinen ausgelassen. Heute hole ich mir meine Dosis alter Steine im alten Korinth. Ich besichtige das archäologische Museum. Heute lohnt sich der Besuch. Zwischen 1990 und 2001 wäre die Ausstellung recht leer gewesen, denn in der Nacht zum 12. April 1990 drangen mindestens sechs Menschen unbemerkt in das Museum ein und stahlen insgesamt 285 aus der Antike stammende Kleinstauen, Gefäße, Keramikgegenstände und Münzen. Amerikanischen und der griechischen Polizeibehörden gelang es 1999, die entwendeten Gegenstände in den USA zu finden. Elf Kleinstatuen werden noch vermisst, die übrigen 274 wurden nach Griechenland zurückgebracht und sind hier heute zu bewundern.
Neben dem Museum befinden sich die Ausgrabungen des antiken Korinth mit dem Tempel des Apollon, der vor der Kulisse des hoch oben auf dem Berg liegenden Kastros ein herrliches Bild abgibt.

Samstag, 25. Mai
Der Tag beginnt mit einem guten Frühstück. Ziel ist Patras, doch die Hafenstadt will ich nicht auf dem kürzesten Weg erreichen. Zunächst fahre ich südwärts. Die Ausgrabungen bzw. Überreste des antiken Mykene sind das Ziel. Doch als ich dort ankomme, bin ich von den Menschenmassen auf dem vollen Parkplatz so abgeschreckt, dass ich beschließe, weiter zu fahren. Ich habe einfach keine Lust, mich bei 30 Grad im Schatten ohne Schatten auf dem Hügel herumzudrängeln. Also steuere ich Nafplio an. Die kleine Hafenstadt am Argolischen Golf war von 1829 bis 1834 die provisorische Hauptstadt von Griechenland. Wenn das nichts ist!
Am Hafen liegen einige teure Yachten, etwas vorgelagert liegt ein Kreuzfahrtsegler, die „Wind Spirit“ oder das baugleiche Schwesterschiff „Wind Star“. Ein 9-tägiger Trip kostet ab 3000 Dollar. Ein Schnäppchen!

Eine kurvige Straße schraubt sich hoch auf die Hügel des/der Peloponnes und gibt am Passo Di Nelo den Blick auf die weite Landschaft und die Bucht frei.
Ich unterbreche die Fahrt nur für einen Frape und komme schon um 16:00 Uhr im Hotel an. Jetzt ist Badezeit. Schließlich ist Samstag und ich habe Urlaub. Ich drehe einige Runden im Pool, dann gibt es Abendessen und später genieße ich die Aussicht vom Balkon auf den Golf von Korinth und die beeindruckende Rio-Andirrio Brücke, die mich morgen wieder in den dünn besiedelten und gebirgigen Nordwesten bringen wird. Ich bin beeindruckt, dass es möglich war, diese Brücke in einem Erdbebengebiet über eine 2,5 km breite und 65 m tiefe Meerenge ohne stabilen Boden zu bauen, und diese auch noch wie ein Kunstwerk ästhetisch ansprechend zu gestalten.

Sonntag, 26. Mai
Die Übernachtung in einem Pauschaltouristenhotel hat den Vorteil, dass es ein gutes Frühstücksbuffett gibt. Nachdem ich von diesem besonderen Vorzug ausreichend Gebrauch gemacht habe, mache ich mich auf.

Die Meerenge kann man hier auf verschiedene Arten durchqueren. Man könnte schwimmen, das ist am billigsten, dauert aber lange. Man kann die Fähre nehmen, das ist billiger als die dritte Möglichkeit, nämlich die Brücke. Das geht am schnellsten aber kostet nur für Fußgänger nichts. Laut meiner Recherche schlägt die Befahrung mit 13,70 Euro zu Buche. Ich will nicht zu viel Zeit verdaddeln und lasse mich auf der Brücke vom kräftigen Wind ordentlich durchpusten. Am Kassenhäuschen stellt sich heraus, dass die Brückenmaut für Motorräder nicht 13,70 sondern genau 2 Euro beträgt. Perfekt, das gesparte Geld kann ich gleich in Benzin investieren.
Die Landschaft, die ich durchfahre, ist überraschend schön und sogar bis zu 1400m hoch. Mit so viel grün hatte ich nicht gerechnet. Offenbar soll der naturnahe Tourismus hier noch ausgebaut werden. Die Straßen sind nicht überall fertig geworden. Einmal komme ich auf ein perfekt ausgebautes Teilstück einer gut ausgebauten Landstraße, die man von beiden Seiten allerdings nur auf einer Schotterstraße erreichen kann. Gut, dass mein fliegender Teppich über solche Unebenheiten einfach hinweg schweben kann.

Ich orientiere mich am Acheloos (Αχελώος) Fluss, der tiefgrün unten das Tal durchschneidet. Er ist der zweitlängste und gleichzeitig wasserreichste Fluss Griechenlands.
Die Nacht verbringe ich in einem Gästehaus aus Holz mit unten liegender Taverne und guter Internetanbindung. Da hier mit Holzkohle gegrillt wird, stinkt es überall nach Qualm. Also schließe ich das Fenster und freue mich auf die frische Luft und Ginsterduft morgen.
Montag, 27. Mai
Weiter am Acheloos Fluss fahre ich Richtung Norden. Die Schlucht ist sehr grün, sehr tief, sehr schön. An anderer Stelle wäre dieses hier ein gut erschlossener touristischer Hotspot bei Wanderern. Hier fühlt es sich wie ein vergessener, nicht beachteter Landstrich an.
Mitten in der Schlucht komme ich an einen Staudamm mit allem drum und dran. Staumauer, Überlauf, Schilder…alles da. Allerdings staut der gar nichts und hat das offenbar auch noch nie. Vermutlich hat sich hier vor über 20 Jahren zuerst der heimische Regionalpräsident die so begehrten EU Mittel gesichert (ca. 500 Mio. Euro zur damaligen Zeit) und den Damm 15 Jahre lang bauen lassen, nur um dann festzustellen, dass es doch keine so gute Idee ist, einen Nationalpark zu überfluten, in dem es Braunbären, seltene Schmetterlinge und eine einmalige Natur gibt. Später lese ich, dass nicht der Naturschutz, sondern Rechtsstreitigkeiten dazu geführt haben, dass der Staudamm nie mit Wasser gefüllt wurde. Auch erfahre ich, dass der Damm nun doch wohl im Jahr 2025 in Betrieb gehen soll. Ich fände es schade.

Der weitere Weg führt mich über die 1636m hohe Passhöhe des Skafidapasses. Hier oben zeigt das Bordthermometer nur 12,5 Grad an. Brrrrr, also flott wieder runter ins Tal.
Ich umfahre den Aoos Staudamm und kürze den ursprünglich geplanten weiteren Weg ab. So schön Griechenland auch ist: Ich habe jetzt genug Zaziki gegessen und bin auf Albanien gespannt. Auf dem Weg zur Unterkunft in Kleidonia, etwa 45km entfernt von der albanischen Grenze, statte ich der Vikos Schlucht nochmal einen Besuch ab. Ich wähle jedoch einen anderen Aussichtspunkt, in dessen Nähe sich zudem die Kurven des „griechischen Stilfserjochs“ befinden, auf denen ich zu einigen interessanten Felsformationen und Wasserbecken in einem Gebirgsbach, den „Rock Pools“ fahre.
Als ich ins Hotel einchecke, spendiert die Wirtin erstmal eine eiskalte Dose Bier. Ich springe in die kurze Hose und mache mich auf in die Taverne. Hier bestelle ich das Unvermeidliche. Dazu noch ein großes Bier. Der Abend ist optimal, um es mit Harald Juhnke zu sagen: „Keine Termine und leicht einen sitzen.“

Dienstag, 28. Mai
Albanien ist eine demokratisch verfasste parlamentarische Republik und Beitrittskandidat der Europäischen Union. Seit dem Ende des Kommunismus wurden bedeutende Schritte zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage erreicht, doch trotz aller Fortschritte gehört Albanien immer noch zu den ärmeren Ländern Europas und hat zwar mit organisiertem Verbrechen, Korruption und Nepotismus zu kämpfen, hat aber auch ausgesprochen freundliche Menschen und wunderschöne, noch ursprüngliche Landschaften zu bieten.
Der Grenzübertritt gestaltet sich völlig unproblematisch und der Grenzer spricht freundlich auf Englisch mit mir. Das geht ja schon mal gut los.
Als erste Station steht Gjirokastra an. Bei der Einfahrt in den Ort auf der breiten Landstraße fallen mir die vielen Tankstellen auf, an denen man auch sein Fahrzeug umweltfreundlich abkärchern kann. Ich habe aber noch kein Bargeld, muss erst noch einen Automaten finden.
Der Ort selbst liegt eng an den teilweise steilen Berg geschmiegt. Über Allem thront die alte Burg und überstrahlt mit dem satten dunkelgrau das weite Tal. Aus Versehen finde ich einen super Fotospot oberhalb des Ortes. Kaum stehe ich da, kommt auch schon der erste Albaner aus seinem Auto gestiegen: Großes Hallo, wo ich denn herkomme, ob ich selbst hergefahren bin, ob er mal probesitzen darf, ich soll ihn bitte fotografieren auf meinem Moped, ganz toll das Motorrad, er hatte leider einen Unfall auf seiner Varadero, hier guck mal der rechte Knöchel war kaputt, er hat schon in Brüssel gelebt, und überhaupt gute Reise!

So viel Freundlichkeit bin ich als Stuttgarter gar nicht gewohnt. Und außerdem ist es mir hier viel zu voll. Also mache ich die Rundfahrt durch den Ort auf dem Moped (ist zum Laufen sowieso viel zu steil) und weiter geht’s.
Unterwegs vor einem Hotel am Wegesrand sehe ich einen Geldautomaten und drucke 10.000 Lek aus. Einen kleinen Teil davon werde ich gleich in der Schlucht von Këlcyra verfressen. Tsatsiki werde ich nicht bestellen.
Nach einem ausgiebigen Mittagessen biege ich links ab in den Parku Kombëtar Bredhi i Hotovës. Die Strecke ist nicht befestigt aber zunächst gut befahrbar. Nach etwa 9km treffe ich Karel und Aneta aus Tschechien, die sich grade überlegen, umzukehren, denn die Strecke fängt an, matschig zu werden. Außerdem sieht es sehr nach Gewitter aus. Die Vernunft siegt, also alles wieder zurück und den frisch asphaltierten Umweg nehmen.

Auch der Umweg hält wunderschöne Aussichten parat.

Doch der Regen kommt und ich steige in ein gemütliches, großes 42 qm Zimmer in einem brandneuen Blockhaus Resort am Shelegur See ab. Auch das Bad ist riesig. Was der Installateur, der das Badezimmer entworfen hat beruflich macht, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, was er nicht kann. Und ich bin mir auch nicht sicher, wem die Badelatschen gehören, die im Bad unter dem Waschbecken stehen.
Mittwoch, 29. Mai
Nach einem original albanischen Frühstück mache ich mich auf den Weg Richtung Norden. Es wird ein langer Fahrtag, der mich durch Herden verschiedener Huftierarten, durch Baustellen, vorbei am Ohridsee, durch einen Teil von Mazedonien und wieder zurück nach Albanien führen wird.

Am Abend habe ich eine sehr nette holländische Begegnung mit E. und T. in Bujan. So ein bisschen sozialer Austausch ist bei dem normalen Autismus des Motorradalleinreisens wirklich sehr willkommen, und wenn die Leute auch noch so nett und sympathisch sind, kann man es nicht besser treffen. Danke für Alles, Ihr 2!
Morgen fahre ich weniger als heute, sondern lasse mich fahren. Hoffentlich klappt es.
Donnerstag, 30. Mai
Beim morgendlichen Kaffee treffe ich meine neuen holländischen Freunde wieder und das finde ich super. Als die zwei losgefahren sind, packe ich auch meine Sachen und statte dem Valbonë Tal einen Besuch ab. Ja, das ist wirklich sehr schön, danke für den Tipp, Bernard.

Um 13:00 Uhr sticht die Autofähre in See. Um 12:00 Uhr bin ich vor Ort und kann noch ein Ticket kaufen. Gut, dass ich von hier durch den wunderschönen Canyon auf dem Stausee fahren will: In der Gegenrichtung von Komani aus ist die Fähre meistens mit 2-3 Tagen Vorlauf ausgebucht. Heute sind zwei von den Fähren im Einsatz und daher ist meine nicht mal ganz voll.

Am anderen Ende des Sees brauche ich neue Batterien für den Spot und halte an einem Foto- und Videoladen an der Straße an. Drinnen sitzt die etwa 40jährige Besitzerin mit ihrer Tochter. Als sie bemerken, dass meine albanischen Sprachkenntnisse leicht beschränkt sind, holt das etwa 10jährige Mädchen ihre vielleicht 3 oder 4 Jahre ältere Schwester. Diese spricht deutsch und englisch, und zwar ziemlich gut. Die hat vermutlich eine gute Zukunft vor sich, wenn Albanien dann der EU beitritt, dann hat sie alle Möglichkeiten.
Als ich am Abend in Koplik beim Essen sitze fällt mir auf: Ich glaube, ich habe noch nie eine so große Anzahl schwarzer Mercedes Limousinen gesehen wie in Albanien. Es sind alle Baujahre von 1980 bis heute vertreten.
Freitag, 31. Mai
Der Wetterbericht verheißt nichts Gutes. Regen. Es ist unausweichlich. Nach einem so reichhaltigen Frühstück, das das Mittagessen ersetzen kann, fahre ich bei grauem Himmel, aber noch im Trockenen los. Doch schon an der Tankstelle beginnt es zu regnen.
Die Straße hoch nach Teth ist eine der am Besten geteerten Straßen, die ich in Albanien befahren habe. Vor 3 Jahren war hier noch eine Schotterstraße, die dieses Naturparadies so abgeschieden sein ließ. Jetzt sind hier etliche Hotels, Restaurants und eine Bar, in der ich den nun auch hier einsetzenden Regen aussitzen will, während ich den 5. Teil des Films zusammenbastle und meine restlichen LEK in Kaffee investiere.
Dann ist der Film fertig, aber der Regen leider nicht. Und da es nicht so aussieht, als würde es heute noch aufhören zu regnen, fahre ich aus dem Sackgassental wieder heraus. Laut Regenradar scheint der Regen nach Osten abzuziehen, also beschließe ich, die Bucht von Kotor von oben zu betrachten.
Ich habe oben in der Bar so viel Kaffee getrunken, jetzt zwickt die Blase. Also rechts ran, in die Büsche, Erleichterung.
Eine knappe Stunde später in der Warteschlange an der Grenze nach Montenegro will ich die schon völlig durchweichten Sommerhandschuhe an der hinteren Sitzbank festklemmen, um die benötigten Papiere für den Grenzübertritt aus den Taschen heraus zu friemeln. Doch was ist das? Wie kommt die Kuhscheiße an das Topcase und an die Rückbank? Ich sehe an mir herunter und stelle fest, dass auch mein rechter Stiefel in einem fröhlichen naturgrün leuchtet. Da muss ich wohl vorhin beim Pinkeln voll reingetreten sein und habe dann beim Aufsteigen abgefärbt. Grmpf.
Montenegro ist Beitrittskandidat der Europäischen Union und verwendet den Euro als Währung. Seit der Unabhängigkeitserklärung 2006 zählt es zu den neuesten Ländern der Welt – wenn das Nichts ist! In Montenegro sind die Straßen zwar deutlich besser als jene in Albanien, doch auch hier gibt es auf ländlichen Nebenstrecken tiefe Schlaglöcher mit großen Pfützen, in denen ich genügend Wasser vorfinde, um die Ausscheidungen der wiederkäuenden Huftiere zu entfernen.
Ich überque den Skutarisee (auch Shkodrasee oder Skadarsee genannt) und nehme die Panoramastraße im nordöstlichen Teil des Sees in Angriff. Die Aussichten sind wunderschön, tiefliegende Wolken hüllen die Landschaft in eine mystische Stimmung.

Doch der Regen kommt zurück und er bleibt nicht nur, sondern er wird stärker.

Bei dem Regen und in dieser Gegend finde ich keine Gelegenheit, anzuhalten und unter einem Dach auf dem Handy eine Unterkunft zu buchen. Es regnet inzwischen so stark, da würde man auf dem nassen Display sowieso kaum etwas erkennen und ich habe kaum noch trockene Textilien, die ich zum abtrocknen nutzen könnte. Egal, eine Unterkunft kann ich später noch buchen, wenn ich irgendwo ein überdachtes Plätzchen finde.
Aber erstmal finde ich eine atemberaubende Aussicht. Das Wetter versetzt mich allerdings eher nach Norwegen oder Neuseeland, das ist hier eine Mischung aus Geirangerfjord und Doubtful Sound. Nur das mit dem Internet und der eSIM auf dem Handy klappt wieder nicht. Also klappt die Zimmersuche auch nicht. So ein Mist! Und dieser Regen nervt mich dermaßen! Nicht mal die schönen Serpentinen runter nach Kotor machen Spaß bei so einem Wetter!

Die Straße durch Kotor ist hoffnungslos verstopft. Am ersten Hotel, an dem ich vorbeikomme, halte ich an und frage nach einem Zimmer. Leider ist alles komplett ausgebucht, aber ich darf das Wifi benutzen und kann auf diese Weise wenigstens eine schöne Ferienwohnung mit Seeblick buchen.
10 Minuten später habe ich es geschafft und kann meine völlig durchnässten Kleider zum Trocknen aufhängen und die Wohnung überschwemmen. Das Frühstück heute Morgen hat mich gut über den Tag gebracht. Zum Abendessen gibt es mit heißem Wasser angerührtes Porridge. Es ist meine Notration, die ich für genau solche Situationen wie jetzt dabei habe. Denn bei diesem Wetter gehe ich heute nicht mehr vor die Tür. Und die Wetterlage bringt mich dazu, umzuplanen und nicht die Strecke Richtung Durmitor Nationalpark durchs Landesinnere zu fahren, auf die ich mich so gefreut hatte.
Samstag, 1. Juni
Der Himmel ist grau. Die Wolken hängen tief. Zur Begleitmusik weniger fallender Regentropfen umfahre ich die Bucht auf der Küstenstraße. Mein Bluetooth Headset vom Helm spinnt auch will keine Musik abspielen. Ob das an der Musik liegt oder an einem Wassereinbruch kann ich nicht beurteilen.
Eigentlich wollte ich nochmal den Blick auf die Bucht von den Höhenlagen wie dem Fort Vrmac genießen, aber bei den niedrigen Wolken ist das witzlos. Auf dem Weg zur Kapelle hier kehre ich um; noch eine Kehre weiter oben ist die Sicht leider gleich null.

Die Ausreise aus Montenegro geht noch relativ schnell. Die Einreise nach Kroatien und damit in den EU Raum dauert erheblich länger. In der Warteschlange treffe ich Justin auf seiner KTM 890. Er ist auf dem Weg aus dem Iran nach Hause. Er fährt erst seit zwei Jahren Motorrad und ist mit dieser Reise schon weiter gekommen als alle die, die ihr Motorrad nur zum Putzen und den Wochenendausflug zur Eisdiele nutzen. Wir trinken noch einen Kaffee zusammen, als wir es endlich nach Kroatien geschafft haben.
Nach Mostar schaffe ich es heute nicht mehr, wenn ich es entspannt angehen will. Die Sonne kommt raus und da links ist das Meer. Es ruft mich. Kurzerhand buche ich ein Apartment mit Balkon in Strandnähe. Dann erschrecke ich mit meiner altmodischen Badehose die Leute am Strand, anschließend gehe ich essen und vom Balkon aus kann ich den Sonnenuntergang genießen. So kann man es aushalten.

Sonntag, 2. Juni
Ein schöner, sonniger Morgen begrüßt mich. Ich frühstücke meinen Nusskringel, einen Joghurt und einen Kaffee, dann fahre ich hoch zur Grenze nach Bosnien. Vor mir am Grenzübergang hält eine riesige Gruppe italienischer Motorradpauschaltouristen den Betrieb auf. Nach mehr als einer halben Stunde sonniger Wartezeit ist es dann geschafft. Kaum auf bosnischem Boden biege ich links von der gut ausgebauten Hauptstraße ab. Ich folge einer ehemaligen schmalen Eisenbahntrasse, die jetzt auch als attraktive Strecke für Fahrradfahrer dient und schöne Ausblicke bereithält.

In Mostar stelle ich das Motorrad auf einem zentralen, bewachten Parkplatz ab. Von hier ist es nur einen Katzenwurf zur weltberühmten alten Brücke. Die historische Innenstadt rund um die Brücke ist schön, aber komplett überlaufen und ein einziger Souvenirladen. Überall laufen kleine Asiaten und übergewichtige deutsche Urlauber herum, bei knapp 30 Grad ist uns allen zu warm. Dass mich auf dem Weg hierher eine Biene durch meine Rüstung hindurch in den rechten Oberarm gestochen hat, messe ich kaum Bedeutung bei.

Nach einer Stunde habe ich genug von dem Gedrängel und fahre weiter Richtung Sarajevo. Der Name dieser Stadt ist mir bekannt erstens als Austragungsort eines Attentates am 28. Juni 1914, bei dem der österreich-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand ermordet wurde und was letztlich zum ersten Weltkrieg führte, zweitens als Austragungsort olympischer Winterspiele 1984, sowie letztlich als Austragungsort kriegerischer Auseinandersetzungen und Belagerung durch serbische Truppen im Bosnienkrieg 1992 bis 1995. Von den umliegenden Bergen kann man die Stadt gut überblicken, stelle ich fest.
Da morgen wieder großräumig mit ausgedehnten Regenfällen zu rechnen ist, fahre ich nun noch zügig weiter und suche mir eine Unterkunft in Zenica, in der ich morgen noch etwas verweilen kann, falls es wie angekündigt Hunde und Katzen regnet. Die weitere Streckenführung hängt jetzt wesentlich vom Wetter ab.
Montag, 3. Juni
Es hat zwar die ganze Nacht geregnet, aber als ich aufsattle nicht. Ich ziehe mich dennoch regendicht an, denn ich rechne fest damit, dass ich ungefähr 1-2 Stunden über Mittag beregnet werde. Durch schöne mittelgebirgige Landschaft halte ich in nordwestlicher Richtung auf Banja Luka zu. Von hier aus schlage ich einen reinen westlichen Kurs ein. Auf diese Weise gelingt es mir, die Regenfahrt auf ein Minimum zu beschränken, so dass ich die Wartezeit an der bosnisch-kroatischen Grenze im Trockenen verbringen kann.
Direkt hinter der Grenze findet sich einer der spannendsten Lost Places in Europa: Die unterirdische Flugzeugkaverne Željava ist seit 30 Jahren verlassen. Drinnen ist es unheimlich und finster, also fahre ich kurz rein und gleich wieder raus.

Ich hätte Lust, mit 300km/h über die stillgelegte Startbahn zu ballern, aber meine Reifen müssen ja noch die Strecke bis nach Hause reichen. Doch soweit geht’s heute noch nicht.

In Senj checke ich in ein Hotel am Hafen ein. Am Abend noch telefonieren und in der Apotheke etwas gegen den dicken Bienenstich an meinem rechten Arm holen, dann kann die Nacht kommen.

Dienstag, 4. Juni
Die freundliche Apothekerin gestern Abend hat mir zwei Dinge gegen den stärker anschwellenden Bienenstich gegeben: Das gute alte Fenistil und kleine, geradezu winzige Tabletten gegen das Bienengift. Sie hatte mich direkt auf eine wichtige Nebenwirkung der Tabletten hingewiesen: Müdigkeit. Als ich gegen 10:00 Uhr aufwache stelle ich fest, dass sie nicht gelogen hat. In den letzten Tagen bin ich immer von selbst spätestens gegen 8 Uhr aufgewacht, heute komme ich sogar zum Frühstück zu spät. Ein Kaffee und ein bisschen Müsli geht aber trotzdem. Die gute Nachricht dabei ist, dass die Schwellung zurück gegangen ist, gestern Abend sah ich auf der rechten Seite schon am Arm aus wie Popeye.
Also lasse ich es gemütlich angehen und befahre entspannt die Küstenstraße bis Opatija, dann geht es ziemlich direkt nach Koper in Slowenien.
Slowenien hat es geschafft: Es ist das wohlhabendste Land des ehemaligen Jugoslawiens, Mitglied der EU und der NATO und der Eurozone. Mit Koper haben die Slowenen auch eine sehr schöne historische Hafenstadt mit Stadtstrand, Promenade und allem, was dazugehört. Das sehe ich mir genauer an.

Mittwoch, 5. Juni
Direkt hinter Koper liegt Triest, eine große, dreckige, typisch italienische Hafenstadt, die man am Besten schnell durchfährt. Und wenn man hinter Triest nach rechts abbiegt, dann kommt man wieder nach Slovenien und kann durch das wunderschöne Soča Tal fahren. Die Farbe des Wassers ist einfach einmalig.
Ich lenke von Tolmin in Richtung Tolmezzo und fahre über den Passo Rest. Den hatte ich gar nicht so eng und steil in Erinnerung.
Der Blick geht immer wieder nach oben, denn der Himmel malt immer neue Wolkenformationen aufs Dach. Ob es wieder ein Unwetter gibt? Es sieht den ganzen Tag danach aus. Dennoch komme ich heute trocken durch den Tag.
Bei Belluno kehre ich in eine Ferienwohnung ein, die mit interessanten Designobjekten aus den schrägen 70ern dekoriert ist. Aber auch das schönste Design kann nicht an die Schönheit der Natur heran.

Donnerstag, 6. Juni
Heute werde ich ganz gemütlich durch die Dolomiten schaukeln und dabei den einen oder anderen Pass mitnehmen. Die hohen Pässe wie der Stelvio oder das Timmelsjoch sind noch im Winterschlaf. Also halte ich auf Umwegen auf den Gardasee zu. Bei Tenno verpasse ich den Abzweig ins Ledrotal und fahre auf einem anderen Umweg zum Passo Croce Domini. Da ich heute etwas navigationsmüde bin entgeht mir ausserdem, dass ich über den Mortirolopass den Weg nach Bormio abkürzen und gleichzeitig verschönern könnte. Naja, dann eben nächstes Mal. In Bormio hatte ich das letzte Mal, als ich hier war, ziemlich Pech mit dem Zimmer. Heute sieht die Sache ganz anders aus. Die Skisaison ist vorbei, die Sommersaison hat nicht begonnen. So sichere ich mir hier zum Vorzugspreis ein Top Zimmer mit Balkon in zentraler Lage. Sogar die Luxusgarage ist sehenswert!

Freitag, 7. Juni
Heute ist Endspurt angesagt. Ich starte zeitig und fahre über den Umbrailpass, wo wieder ein, dieses Mal ungewöhnliches, Huftier am Wegesrand steht. In Samnaun tanke ich nochmal zollfrei und dann geht es vorbei am leeren Reschensee, über den Flexenpass, den Hochtannbergpass und dann über Sulzberg zurück nach Deutschland.

Nun noch flugs durchs Allgäu und über die Schwäbische Alb brettern, und die Landeshauptstadt erwartet mich.
Nun bin ich in 21 Tagen über 6200 Kilometer durch Italien, Griechenland, Albanien, Mazedonien, Montenegro, Kroatien, Bosnien und Slowenien gefahren und habe viele freundliche Begegnungen gehabt, wunderschöne Landschaften, etliche Huftiere und tausende Schlaglöcher gesehen, habe hunderten anderer Motorradfahrer zugewinkt. Ich habe Weltwunder und Weltrekorde bewundert und einen kleinen Eindruck über die bewegte und bewegende Geschichte Griechenlands und des Balkans gewonnen. Diese Reise werde ich bestimmt nicht so schnell vergessen. Ich glaube, ich fahr da noch mal hin.
Um zu sehen, wo ich war, klicke hier!
Hier ist die Karte mit einer Mischung aus Planung und Reiseaufzeichnung.
Hallöchen Ulf, dann fahre ich mit… schade, muss noch 6 Wochen arbeiten sonst hätte ich mich bei dir „beworben“ ich liebe den Balkan. Aus eigener Erfahrung: bis jetzt keine Fähre gehabt, die nicht mindestens 3 Stunden Verspätung hatte…. soll aber nichts heißen….
Grüße und gute Fahrt….
Bernard
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Hallo Bernard, das freut mich sehr, dass wir endlich mal wieder ein Stück gemeinsam fahren! 😀 Mal sehen, wir pünktlich die Fähre sein wird. Hauptsache, die fährt nicht ohne mich ab! Viele Grüße!
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irgendwie ist mir die Nachricht von gestern an dich, abhanden gekommen. Ich hoffe die Sonne scheint, und du die Strecke genießen kannst…. ja für die Leverkusener ist die spannende Woche eingetreten…. Fußball. Ich gehe gleich arbeiten, lässt sich nicht vermeiden.
Gute Fahrt
Bernard
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Guten Morgen, heute der Beginn deiner Kreuzfahrt… genieße die Zeit auf der Überfahrt. Ich hatte immer viele interessante Gesprächspartner unter den Motorradfahrer, tolle Erfahrung.
Am 02.06. bin ich auf Chalkidiki zum Entspannen, deine Tour bis nach Athen sieht auch reizvoll aus.
Grüße Bernard
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Hat gestern lange gedauert bis die Fähre gekommen ist… aber dafür jetzt schon feste Boden unter den Füßen ist auch super… jetzt hast du den ganzen Tag vor dir. Ich hatte zwei mal in Igomenista auf die schnelle eine Pension suchen müssen, weil sehr spät angekommen.
Gute Fahrt
Bernard
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Hi Ulf ich hoffe du hast super Wetter und tolle Strecken, viele am Wasser entlang, bestimmt schön. Bei uns ist das Wetter richtig scheußlich, ich komme garnicht zum Motorradfahren.
Ja Griechenland mit dem Motorrad ist schon eine Starke Nummer, aber mein Traum wäre die Türkei, die liegt mir ohne Ende im Kopf.
Schönen Abend noch…
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Danke Bernard, es ist sehr schön hier und die Landschaft ist gebirgiger als ich mir das vorgestellt hatte. Wenn du schon nicht zum Motorrad fahren kommst, dann hoffentlich wenigstens zum Feiern!
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Du hast ein Humor… feiern ist nicht drin.
Ich bin ständig bei meinen „Kindern“ am arbeiten… Heute ist mir mein N6 verreckt, bin echt wütend 😠 ein Jahr alt. Ich kann mir vorstellen, was die Landschaft anbetrifft, muss einfach traumhaft schön sein. Genieße die Momente, die nimmt uns keine weg, ich könnte schon wieder dahin fahren… ich warte glühend auf meine Schanze. Aber auch ehrlich gesagt: mir fällt ein zuverlässige Mitfahrer, ich gebe aber nicht auf.
Noch ein Kleinigkeit: am nächsten Freitag ist mein letzter Arbeitstag… ich werde zu einem Grimmigen Rentner abgestempelt…. meine Güte, große Katastrophe… aber die Zeit ist da.
Weiterhin tolle Strecken und die Speicherkarte im Kopf nicht zu sehr anstrengen.
Grüße Bernard
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Hi Ulf, bin fleißig am mitfahren Papingo und die Flusslandschaft auf dem letzten Bild habe ich sofort erkannt. In dem Urigen Dorf ganz oben, hatte uns ein Griche im perfektem Deutsch angesprochen, wir haben gestaunt.
Bin gespannt wie der Balkan sich bei dir präsentiert, wir haben aber immer die Großstädte im großem Bogen umfahren, wobei 2010 die erste Reise war schon Extrem. Mitten in Tirana neben der hauptkreuzung haben die provisorisch ein Schlachthof eingerichtet….
Dir weiterhin tolle Strecken, grüße Bernard
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Dankeschön Bernard, hab Deinen Tip Valbonë Tal beherzigt und es ist wirklich sehr schön. Wäre ein Jammer gewesen, das auszulassen.
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Hi Ulf, wie ich sehe geht es weiter in Richtung Heimat, Krika Wasserfälle sind aber bei deiner Planung mit Sicherheit drin. Wir sind gestern in Thessaloniki gelandet und haben ein Hotel zum Entspannen… so richtig ruhig. Frage: fährst du in vier Wochen nicht zufällig nach Garmisch? Ich habe bereits alles gebucht, zwar ca. 30 km vor Garmisch, aber ich freue mich schon auf die Veranstaltung. Ich schaue jeden Tag, sogar öfter auf deinen Streckenverlauf und bin sogar bisschen neidisch, aber das bißchen ist nur wegen dem Wetter… ununterbrochen Sonnenschein hätte ich dir schon gewünscht.
Weiterhin genieße die Zeit und deinen Streckenverlauf
Grüße Bernard
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Mensch Bernard, herzlichen Glückwunsch zum Erreichen des neuen Lebensabschnitts! Weniger Geld, dafür mehr Zeit-oder auch nicht. Rentner haben ja bekanntlich nie Zeit. Ihr macht es richtig, erstmal in den Süden abzischen und den Regen in Deutschland lassen. Viele Spass und gute Erholung!
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moin ulf,
interessante tour und tolle bilder.
die strecke auf dem ciro ist legal befahrbar? gibt es dazu einen einstiegspunkt?
gruss
ruedi
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Moin! Na klar, ich würde doch nie eine illegale Strecke befahren 😇
Ich habe den Einstiegspunkt im Text jetzt verlinkt. Im Grunde geht es gleich hinter der Grenze links ab.
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Danke für deinen herrlich bebilderten Bericht. Schade, dass bei dir Triest so schlecht wegkommt. Als ich vor ein paar Jahren mit dem Moped da war, fand ich es eine sehr aufgeräumte Stadt, fast schon zu quadratisch (barocker Stadtgrundriss der Österreicher) für Italien.
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Danke für das schöne Feedback!
Vielleicht sollte ich Triest doch noch mal eine Chance geben….beim nächsten Mal!
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